Gleitung

Gleitung
Gleitung,
 
1) Festkörperphysik, Kristallographie und Werkstoffkunde: Sammelbezeichnung für die bei Schubbeanspruchung eines Körpers nach Überschreiten einer bestimmten kritischen Spannung (Streckgrenze) auftretende homogene plastische Verformung, bei der es zu keinen Änderungen der beobachtbaren Kristalleigenschaften oder zu Spaltungen kommt. Bei kristallinen Stoffen beruht die durch Gitterbaufehler und Inhomogenitäten begünstigte Gleitung auf einer Verschiebung von Kristallschichten parallel zu einer bestimmten, dicht besetzten Netzebene des Kristallgitters, der Translations- oder Gleitebene, und hier wiederum in Richtung einer Gittergeraden, der Gleitrichtung (Translationsrichtung). Bei einer derartigen einfachen Gleitung (Blattgleitung) werden größere Gitterbereiche (wie die Karten eines Spielkartenstapels bei einem seitlichen Schlag) um eine von Dauer und Stärke der Beanspruchung abhängige Strecke gegeneinander verschoben, bis die Gitterbausteine wieder in ein Minimum des periodischen Gitterpotenzials gelangt sind. Durch röntgenographische Untersuchungen hat sich gezeigt, dass nicht nur eine Gleitebene auf ihrer benachbarten abgleitet, sondern ganze Schichten, die Gleitlamellen, um den gleichen Betrag verschoben sind. Die Spuren der Gleitlamellen sind mit bloßem Auge an Oberflächen als Gleitlinien (Abstände einige μm) sichtbar, die wiederum die Translationsstreifung bilden. - Auf Blattgleitung ist z. B. das Fließen des Eises in den Gletschern oder des Salzes in Salzlagerstätten zurückzuführen. Eine Abart der einfachen Blattgleitung ist die Biegegleitung, die zur »Fältelung« z. B. von Gipskristallen führt. Bei der Zwillingsgleitung (»einfache Schiebung«) findet die Bewegung nur um einen jeweils festliegenden Betrag statt (gitterabhängige Materialkonstante). Die zum Teil blattartig verschobenen und dabei möglicherweise verdrehten Teile bilden ein neues Kristallindividuum mit unverändertem Gitter, das in strenger Zwillingsstellung mit dem nicht bewegten Rest verbunden ist (Gleitzwillinge). Viele Kristallarten, besonders die härteren Mineralien, lassen keine Gleitung zu. — Eine Gleitung ist nicht notwendigerweise auf eine Gleitebene und eine Gleitrichtung beschränkt, es können vielmehr gleichzeitig mehrere Gleitsysteme betätigt werden. Diese Mehrfachgleitung tritt besonders bei höhersymmetrischen Kristallen auf. Die einfachste Mehrfachgleitung ist die Doppelgleitung, die in einer Ebene, aber längs zweier verschiedener Richtungen stattfindet. Kombinationen von Blatt- und Biegegleitung führen zur Drillung mancher Kristalle. Die Quergleitung ist der Übergang von Versetzungen innerhalb paralleler Gleitebenen; sie führt zur Ausbildung von Gleitbändern, die aus Gleitlamellen bestehen.
 
}2) in der Mathematik gleichbedeutend mit Parallelverschiebung; auch im Sinne von Scherung.
 
 3) Mechanik: Gleiten, jede Bewegung (Translation, Rotation) eines Körpers auf einer Fläche (Unterlage), bei der Gleitreibung (Reibung) auftritt.

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gleitung — auch Schubverzerrung, Winkel, um den sich der rechte Winkel eines Stoffelements bei Schubbeanspruchung ändert …   Erläuterung wichtiger Begriffe des Bauwesens

  • Scherung (Mechanik) — Prinzip der Scherung Als Scherung oder Gleitung[1] wird diejenige Art der Verformung eines Körpers unter Einwirkung einer Kraft bezeichnet, bei der die Kraft gegen parallel zu parallelen inneren oder äußeren Flächen eines Körpers wirkt. Flächen… …   Deutsch Wikipedia

  • Elastizitätsmodul — (spezielle Darstellung für Zug, Druck, Schub s. Dehnung, Zugelastizität, Druckelastizität, Schubelastizität). Als feste Körper bezeichnet man in der Elastizitätslehre solche Körper, für welche die Möglichkeit eines spannungslosen Zustandes… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Schubelastizität — Schubelastizität, die Elastizität (s.d.) der Körper gegen Beanspruchungen, die zwei einander anliegende oder sehr nahe liegende Flächen längs einander zu verschieben suchen (vgl. Abscherung, Druck, Spannungen, Schubspannungen, Schubfestigkeit).… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Scherkraft — Prinzip der Scherung Als Scherung wird die Art der Verformung eines Körpers unter Einwirkung einer Kraft bezeichnet, wobei die Kraft gegen parallel zu parallelen inneren oder äußeren Flächen eines Körpers wirkt. Flächen werden relativ zueinander… …   Deutsch Wikipedia

  • Scherspannung — Prinzip der Scherung Als Scherung wird die Art der Verformung eines Körpers unter Einwirkung einer Kraft bezeichnet, wobei die Kraft gegen parallel zu parallelen inneren oder äußeren Flächen eines Körpers wirkt. Flächen werden relativ zueinander… …   Deutsch Wikipedia

  • Scherspannungen — Prinzip der Scherung Als Scherung wird die Art der Verformung eines Körpers unter Einwirkung einer Kraft bezeichnet, wobei die Kraft gegen parallel zu parallelen inneren oder äußeren Flächen eines Körpers wirkt. Flächen werden relativ zueinander… …   Deutsch Wikipedia

  • Riementrieb — ist als Mittel zur Kraftübertragung ausgezeichnet durch Billigkeit der Anlage und der Unterhaltung, Anpassungsfähigkeit, Geräuschlosigkeit, Nachgiebigkeit bei Ueberlastung und Ausrückbarkeit. Sein Anwendungsgebiet ist begrenzt: einerseits durch… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Verzerrung — Verformung eines infinitesimalen Flächenelements (z. B. Dehnung, Gleitung) oder eines Stabelements (z. B. Längsdehnung, Verkrümmung, Gleitung, Verdrillung) …   Erläuterung wichtiger Begriffe des Bauwesens

  • Baustatik — Abfangung einer Dachstütze im Bahnhof Breda, Niederlande – derartige Konstruktionen müssen baustatisch nachgewiesen werden …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”